Schon immer strebten die Menschen danach Monumente oder Bauwerke zu erschaffen, die ihre jeweilige Generation um ein vielfaches überdauern. Sie wollten damit Zeugnisse ihrer Herkunft, ihres Glaubens und ihres Schaffens errichten. Besonders einprägsame Beispiele hierfür sind die Pyramiden in Ägypten, alte Tempelanlagen, Brücken und Sakralbauten, um nur einige, markante Beispiele aufzuzählen. Dem interessierten Beobachter drängt sich die Frage auf, wie die Menschen Jahrhunderte und Jahrtausende vor unserer modernen Zeit in der Lage waren, derartige Bauwerke zu erschaffen. Vielmehr noch stellt sich die Frage: Wie haben die Menschen damals die zum Teil tonnenschweren Baustoffe und –materialien an die jeweilige Einbaustelle befördert? Bereits um etwa 2.750 v. Chr. setzten Menschen Massen von Steinen und Steinquadern bei der Errichtung antiker Bauwerke aufeinander. Schon damals setzten sie Flaschenzüge und Bockwinden zum Heben oder Bewegen der enormen Lasten ein. So waren Mast- oder Bockkrane bereits damals sichtbare Zeichen für reges Baugeschehen. Auch zur Be- und Entladung in der Schiffahrt fanden derartige Hebezeuge schnell ihren festen Platz. Dabei verwendete man zunächst die bisher bekannten „humanen Antriebe“. Selbstverständlich verfügten diese noch primitiv anmutenden, frühen Hebezeuge noch nicht über automatisierte Antriebstechnik, sondern wurden noch per Muskelkraft von Menschen oder Tieren be- oder angetrieben. Hub- oder Drehbewegungen wurden bis vor wenigen Jahrhunderten noch durch handbetriebende Kurbelwinden oder Treträder ausgeführt. Die nebenstehenden Bilder sollen nur beispielhaft einige Stationen in der hebetechnischen Entwicklung bis zum modernen, industriell hergestellten Kran dokumentieren. Das Kran- und Baumaschinenmuseum befasst sich vorrangig mit den Entwicklungen, die im Zuge der Industrialisierung und der Erfindung der Dampfmaschine, Ende des 19. Jahrhunderts, entstanden sind. Mit dem Kaiser 15 m-Kran (Brun TK B) und dem Wolff F 45 EW, beispielsweise zeigen wir im Bereich der Krantechnik erste Konstruktionen im industrialisierten Bau von Turmkranen. Diese „Ur-Geräte“ kamen 1911 bzw. 1913 auf den Markt und legten den Grundstein zur weiteren Entwicklung der Krantechnik - bis zum heutigen Tag!
Ein „einzigartiges“, technikgeschichtliches Projekt und „Blickfang“
Der in den 1950er und 1960er Jahre in der Fachwelt bekannte Prof. Dr. Ing. H. Ernst schrieb in einer seiner zahlreichen Veröffentlichungen zum Thema Baukrane im Jahr 1961:
„…Während die Entwicklung der Drehkrane, Lauf- und Hüttenkrane sich innerhalb der Werke der Kranhersteller und der Anlagen der Kranbenutzer abspielte, vollzog sich der Siegeszug des Baukranes in aller Öffentlichkeit. Die zahllosen Baustellen der Nachkriegszeit, die zuerst fast ausschließlich mit primitivsten Bauaufzügen besetzt waren, erhielten mindestens einen Baukran, die großen Bauvorhaben sogar einen ganzen Wald von Baukranen, sodaß der Baukran geradezu ein Wahrzeichen des Wiederaufbaues nach dem Kriege wurde. Dieser quantitative Erfolg war aber nur möglich durch die qualitative Anpassung des Baukranes an die neuen Erfordernisse. Kleines Gewicht und damit geringe Anschaffungskosten, leichte Beförderung von Baustelle zu Baustelle, bequeme und schnelle Aufstellung, leichte Handhabung, Unempfindlichkeit im Betrieb und Anpassungsfähigkeit an die verschiedenartigen Baustellenverhältnisse waren die hauptsächlichen Gesichtspunkte, die für die Entwicklung der Baukrane in den Jahren nach dem Kriege maßgebend waren. Aus den zunächst sehr vielfältigen und zum Teil auch komplizierten Bauformen haben sich in den letzten zehn Jahren Ausführungen herausgeschält, die gerade durch die Einfachheit der Lösung die Ausgereiftheit der Entwicklung zeigen. An Stelle des früher üblichen Aufbauens der Portale und anschließenden Aufrichten des ganzen Turmes, der vorher am Boden aus einzelnen Schüssen zusammengebaut werden mußte, wird heute der Kran vorwiegend entweder mit klappbarem Turm oder mit teleskopartig ausziehbarem Turm ausgeführt. Beide Lösungen haben den Vorteil, daß sie durch die kurze Baulänge den Straßentransport erleichtern und die notwendigen Kräfte beim Aufrichten verkleinern. Der verstellbare Ausleger wird immer mehr durch den Wippausleger mit waagerechtem Lastweg verdrängt, zumal die besten Lösungen des Wippauslegers den waagerechten Lastweg ohne nennenswerten Mehraufwand verwirklichen. Um den Kran dem Wachsen des Baues anpassen zu können – was natürlich bei Hochhäusern besonders wichtig ist – sind verschiedene Arten von sogenannten Kletterkranen entwickelt worden, deren Hakenhöhe mit der jeweiligen Gebäudehöhe Schritt hält. Bei der einen Art stützt sich der Kran innerhalb des Gebäudes auf den Decken der Stockwerke ab und zieht sich selbst mit einer Kletterwinde dem Baufortschritt entsprechend von Stockwerk zu Stockwerk hoch. Bei der anderen Art steht der Kran außerhalb des Gebäudes und paßt sich dem Höhenwachstum durch den Einbau zusätzlicher Schüsse der Turmkonstruktion an, wobei er diesen Einbau mit eigenen Mitteln und Vorrichtungen ausführt."
Gerade das Thema Baukrane macht das Baumaschinenmuseum in seiner Art und Zusammenstellung wegweisender Maschinenexponate weltweit einmalig!
„Revolutionierung“ der Baustellen durch Turmdrehkrane
im 20. Jahrhundert
Anfang des 20. Jahrhunderts begann in Deutschland die Entwicklung von Baukranen, die vor allem für den Transport sperriger Holzschalungen, schwerer Steinquader und Einbringen großer Betonmengen eingesetzt wurden. 1911/12 brachte die Fa. Kaiser & Schlaudecker, St. Ingbert, einen untendrehenden Portalkran mit Biegebalkenauslegersystem auf den Markt, 1913 stellte z.B. die Firma Julius Wolff und Co. den ersten obendrehenden Turmdrehkran mit großer Reichweite und relativ hohen Tragkräften auf der Leipziger Messe vor. Die Presse sprach von einer „Revolutionierung“ des Baugeschehens.
Turmdrehkrane rationalisierten die Arbeit, es konnte schneller und mit weniger Arbeitskräften gebaut werden.
Zugleich hatten die Krane – gewissermaßen als Nebeneffekt – eine unglaublich große sozial-humane Wirkung: Es waren immer seltener die Menschen, die auf ihren Schultern Baustoffe über Leitern und Gerüste tragen mussten. Einen dieser sogenannten „Handlanger“ hat August Sander 1928 fotografiert - auf einem auf seinen Schultern lastenden Steinbrett sind 22 Ziegelsteine gestapelt, jeder kaum einen Pfennig wert, zusammen aber fast 90 Kilo schwer. Bedenkt man, dass für eine typische Berliner Mietkaserne rund eine Million Steine vermauert wurden, bekommt man eine Vorstellung von der ungeheuren körperlichen Belastung, der solche „Trägersklaven“ täglich ausgesetzt waren. Mit der Einführung der Turmdrehkrane sind diese „Arbeitssklaven“ von den Baustellen verschwunden, haben die Handlanger ihre Menschenwürde zurück gewonnen.
Zunächst blieben Turmdrehkrane noch seltene Helfer am Bau. Sie wurden in den ersten vierzig Jahren des letzten Jahrhunderts z.B. von Peschke (Pekazett), Zweibrücken, Kaiser, St. Ingbert (Saar), Hüttenwerke Sonthofen und Wolff entwickelt. Doch die Revolution am Bau begann erst nach den Verwüstungen, die der Zweite Weltkrieg in Deutschland hinterlassen hat. Der Wiederaufbau verlangte von der Bauindustrie bei akutem Personalmangel ungeheure Kraftanstrengungen, weil neben der Instandsetzung und Neueinrichtung von Infrastruktur und Produktionsanlagen die große Wohnungsnot das Bautempo bestimmte. Der vormalige Bauunternehmer Dr. Ing. h.c. Hans Liebherr gilt als der große Pionier des Turmdrehkranbaus nach dem Kriege. Das liegt vor allem in der Tatsache begründet, dass die von ihm ab 1949 hergestellten Krane mit seiner Person identifiziert wurden.
Außer Peschke (Pekazett), Kaiser und Wolff drängten mit einigen Jahren „Nachlauf“ zahlreiche Hersteller, wie z.B. die PEINER Maschinen- und Schraubenwerke, die Eisenwerke Kaiserslautern (EWK), Wetzel, Hilgers-Vögele und Reich, auf den „Kranmarkt“. Dabei übernahmen die nach heutigem Maßstab kleinen Geräte lediglich die Arbeit des Hebens und Tragens jener baustellenüblichen, kleinformatigen und „handlichen“ Materialien von den Hilfsarbeitern, den sogenannten Handlangern. Mit der Verfügbarkeit der Krane wuchsen die Anforderungen an deren Größe und Tragkraft. Diese werden jetzt - anders als in den Anfangsjahren – an die Möglichkeiten der konstruktiven Entwicklung des Baugeschehens angepasst. Die Baumaxime: „Immer schneller, immer größer, immer höher“, lässt die Turmdrehkrane zu stählernen Giganten werden.
Diese Dauerausstellung zum Thema Historie und Entwicklung der Kran- und Baumaschinentechnik soll sowohl an die früheren Handlanger, als auch an die Leistungen der Wiederaufbau- und Wirtschaftswunderzeit erinnern!